Jahrbuch-Archiv: Band 3 (1986)

Band 3: Musikpsychologie – Empirische Forschungen - Ästhetische Experimente
Band 3 wurde herausgegeben von Klaus-Ernst Behne, Günter Kleinen und Helga de la Motte-Haber.
Der gedruckte Band ist 1986 im Hogrefe-Verlag erschienen. Die Nutzungsrechte wurden durch die DGM zurückerworben und die Beiträge 2020 als OpenAccess-Publikation zur kostenlosen, freien Verwendung unter der CC-BY 4.0 Lizenz an dieser Stelle neu veröffentlicht.
Alle Beiträge liegen als durchsuchbares PDF vor, sind mit einer DOI versehen und in der PubPsych/PSYNDEX-Datenbank recherchierbar. Beitragstitel und Zusammenfassungen werden konsequent in deutscher und englischer Sprache angegeben.
Mit [*] gekennzeichnete Titel und Zusammenfassungen wurden aus der Ursprungssprache maschinell mit www.deepl.com übersetzt.
In Memoriam
Die Beiträge in dieser Rubrik liegen in einem Sammel-PDF vor.
Ernst Kuth
Carl Stumpf
Forschungsberichte
Die Benutzung von Musik The use of music [*]
In dieser Studie wurden 391 Schülerinnen und Schüler (im Alter von 13 bis 16 Jahren) gebeten, sich eine hochemotionale Situation vorzustellen (z.B. Freude, Zufriedenheit, Ärger, Trauer) und in einem semantischen Differential anzugeben, welche Art von Musik sie in einer solchen Situation hören möchten. Eine Staubwedelanalyse ergab extreme Unterschiede in der Musikauswahl, insbesondere in den negativen Situationen (Wut und Trauer), was darauf hinweist, dass Musik verschiedene Funktionen haben kann. Der Autor kommt zu dem Schluss, dass Studien über die Beziehungen zwischen Persönlichkeit und Musikpräferenzen bisher eher erfolglos waren, weil die große Vielfalt der Möglichkeiten, mit Musik einen emotionalen Zustand zu beeinflussen, nicht ausreichend berücksichtigt wurde. [*]
Leistungsmotivation bei Kindern im Instrumentalunterricht. Bericht über eine Erkundungsstudie Performance motivation of children in instrumental lessons. Report on an exploratory study [*]
Probleme der individuellen Motivation von Kindern, ein Musikinstrument zu üben, sind bisher nicht systematisch untersucht worden. Diese explorative Studie mit 37 jungen Klavierschülerinnen und Klavierschülern beiderlei Geschlechts beginnt, die Lücke zu füllen und zielt auf zwei Bereiche ab: 1. vergleichende Erprobung verschiedener Fragen der Motivationstheorie durch Anwendung auf das praktische Verhalten in der musikalischen Musikerziehung von Jugendlichen. 2. Entwurf und Nachweis einer Vielzahl neuer und adäquater empirischer Methoden ; neben einem praktischen Experiment und einem umfangreichen Fragebogen wurde der Schwerpunkt auf projektive Techniken gelegt. Drei Ebenen von leistungsbezogenen Motiven schienen das musikalische Verhalten unabhängig voneinander zu beeinflussen: 1 . eine allgemeine, "abstrakte" Leistungsmotivation; 2. eine spezifische, d.h. musikorientierte Leistungsmotivation; 3 . ein sinnlich-ästhetisches Motiv, d.h. Lust und Freude am Spielen bestimmter Musikstücke. Dieser letzte Aspekt bedarf im Vergleich zur abstrakten Motivation, die in den Theorien zur Leistungsmotivation dominiert, einer größeren Aufmerksamkeit. Viele Kinder litten unter Ängsten und Leistungskonflikten; aber Angst schien die Leistung nicht über eine bestimmte Grenze hinaus zu steigern. Die Studie zeigt bemerkenswerte Auswirkungen von Alter und Geschlecht, die weiter analysiert werden mussten. Das Design eines Zeichentests, bei dem das Kind sich selbst in der Leistungssituation darstellt, war sehr geeignet, die komplexen Aspekte in der emotionalen Erfahrung der Kinder widerzuspiegeln. Kombiniert mit Einzelfallstudien ist die Entschlüsselung und Validierung zentraler visueller Elemente in den Zeichnungen als Indikatoren sehr vielversprechend. [*]
Funktionen der Musik und implizite ästhetische Theorien der Hörer Functions of music and implicit aesthetic theories of the listener [*]
In dem Aufsatz wird der Versuch unternommen, eine musikalische Ästhetik auf der Grundlage von Erfahrungen des täglichen Lebens zu entwickeln. Die Funktionen, in denen wir Musik verwenden, dienen auch als Kriterien der Musikbewertung. Dies wird von der historisch orientierten akademischen Musikästhetik noch nicht akzeptiert. Aber es gibt dieselbe Evidenz aus musikalischen Live-Weltstudien, die der Autor durchgeführt hat. Die Inhaltsanalyse von 153 freien Schriften zum Thema "Meine musikalische Lebenswelt" ergibt sechs bewertete Kategorien von Nutzungsfunktionen in der Musik. Diese Funktionen erfordern teilweise eine Neubetrachtung aus kulturkritischer Sicht. Das methodische Vorgehen der Inhaltsanalyse führt zu einer Kontroverse gegen die Versuchsanordnungen von Konecnis Neuer experimenteller Ästhetik. Ergänzend zur Inhaltsanalyse wurde ein Experiment mit dem Werkzeug des semantischen Differentials durchgeführt, um zu sehen, welcher Satz von Adjektiven die emotionalen Situationen des Musikhörens am adäquatesten beschreibt. Die entsprechenden Musikbeispiele gehören einem breiten Spektrum musikalischer Stile an, aber die damit verbundenen semantischen Merkmale sind bei allen Probanden sehr ähnlich. Schließlich wird die Existenz oder Nichtexistenz einer reinen ästhetischen Welt neben dem täglichen Leben diskutiert. [*]
Zur Bedeutungsvermittlung von Filmmusik On the mediation of meaning in film music [*]
Filmmusik soll immer funktional sein und unter anderem dazu dienen, die Handlung vor allem am Anfang des Films vorzustellen und zu unterstreichen. In einem Experiment wurden 69 Studenten gebeten, ihre Reaktion auf die Filmmusik während einer normalen Vorführung zu beobachten, um zu testen, ob diese Absicht erfolgreich umgesetzt wurde. Das besondere Stück, das verwendet wurde, war die Eröffnungsmusik zu Hitchcocks "Spellbound", für die Mikl6s R6sza zwei Motive komponierte, die in jeder Hinsicht in Übereinstimmung mit der Handlung kontrastiert wurden. Es zeigte sich, dass die Fähigkeit, die Intention wahrzunehmen, von der Art und Weise abhing, wie der Zuhörer die Musik schätzte und verstand. Diejenigen, die sie unbewusst als Hintergrundmusik wahrnahmen, erlebten eine eher vage Reaktion und identifizierten nur eine einzige, diffuse Qualität, die als "Drama" bezeichnet wurde. Dagegen erlebten diejenigen, die die wechselnden musikalischen Motive als Figuren auf einem visuellen Hintergrund wahrnahmen und darüber hinaus die Variation in Struktur und Ausdruck der Eröffnungsmusik erkannten, abgestufte bipolare Antwortstrukturen, die der Intention des Komponisten entsprachen. Auch von denjenigen, die mit dem Film nicht vertraut waren, wurden abgestufte Strukturen gefunden. [*]
Psychologische Aspekte der Popmusik Psychological aspects of pop music [*]
Das Kapitel konzentriert sich auf die psychologischen Aspekte von zwei Phänomenen der populären Rockmusik: kollektive Improvisation und die Induktion veränderter Bewusstseinszustände. Betrachtet man die Analyse im Hinblick auf die serielle Informationsverarbeitung (Pressing, 1984), so wirft der außerordentlich hohe Anspruch an Reaktionszeit, Aufmerksamkeit und Entscheidungsfindung die Frage auf, warum Musiker so begeistert sind, dies zu tun. Eine Teilantwort erhält man, wenn man die Freude untersucht, die aus Intuition, Orientierung und sozial bindender Empathie entsteht. Untersucht man die Auswirkungen von Monotonie und Reizüberflutung, die durch sich wiederholende Rhythmen, verstärkte Geräusche und flackerndes Stroboskoplicht hervorgerufen werden, so deutet die daraus resultierende Veränderung des Bewusstseinszustands auf eine rechtshemisphärische Dominanz hin, die für das Publikum angenehm und für die Musiker hilfreich ist, letzteres, weil eine erhöhte Gestaltwahrnehmung die kognitive Anstrengung verringert. Die Beziehungen dieser Phänomene zu gegenwärtigen kulturellen Trends werden diskutiert. [*]
Die psychosemantischen Aspekte der Kunst The psychosemantic aspects of art [*]
Der Artikel untersucht die dreifachen Bedeutungsbeziehungen zur Kunstwahrnehmung, zum Kunstschaffen und zum Kunstwerk selbst, indem er die theoretisch fundierte, umfassende und empirisch geprüfte psychosemantische Theorie von Kreitler & Kreitler anwendet. Es wurden Studien beschrieben, die es ermöglichten, die Charakteristika der "ästhetischen" Wahrnehmung zu klären und kurz- und langfristige Auswirkungen der Kunstexposition auf das kognitive Funktionieren des Kunstzuschauers zu identifizieren, die Kreativität im Allgemeinen und die Symbolproduktion im Besonderen durch die Ausbildung spezifischer Bedeutungsaspekte zu steigern und die Struktur von Kunstwerken und insbesondere von Musikkompositionen durch deren Analyse im Hinblick auf das Bedeutungssystem zu verstehen. [*]
Selbstaufmerksamkeit und Erleben von Rockmusik unterschiedlicher Komplexität A paradoxically illuminating effect of quiet classical music on reaction time [*]
Diese Studie untersucht den Einfluss des Selbstbewusstseins auf die ästhetische Präferenz für musikalische Komplexität. Es wurde vorgeschlagen, dass bei hohem Selbstbewusstsein Musik extremer erlebt werden sollte. Diese Hypothese wurde für den situativen und dispositionellen (privates Selbstbewusstsein) Ansatz getestet. Die Ergebnisse sind nicht offensichtlich. Durch eine multivariate Analyse wurde die Hypothese nur für Probanden mit einem hohen optimalen Komplexitätsgrad bestätigt. Für das private Selbstbewusstsein wurde kein ähnliches Ergebnis erzielt. Dennoch erlebten Personen mit hohem Selbstbewusstsein die Musik positiver als Personen mit niedrigem Selbstbewusstsein. Die Ergebnisse werden im Zusammenhang mit dem Ansatz der neuen experimentellen Ästhetik diskutiert. [*]