Forschungsberichte

Sängerische Höchstleistung und mentale Strategien – Eine Interviewstudie mit langjährig erfolgreichen klassischen SängerInnen

Peak Performance in Singing and Mental Strategies – An Interview Study with Established Elite Performers in Classical Singing

Silke Schwarz*a, Caroline Melzerb

Jahrbuch Musikpsychologie, 2020, Vol. 29: Musikpsychologie — Musik im audiovisuellen Kontext, Artikel e43, https://doi.org/10.5964/jbdgm.2019v29.43

Eingereicht: 2019-03-18. Akzeptiert: 2019-12-03. Publiziert (VoR): 2020-03-09.

Begutachtet von: Judith Zimmermann; Stefanie Stadler Elmer.

*Korrespondenzanschrift: Institut für Sport und Sportwissenschaft, Universität Heidelberg, Im Neuenheimer Feld 700, 69120 Heidelberg, Deutschland. E-Mail: kontakt@silkeschwarz.de

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Zusammenfassung

Langjährig erfolgreiche SängerInnen müssen in der Lage sein, ihr Potential über einen Karriereverlauf durchgehend auf hohem Niveau abzurufen und sowohl die eigenen als auch fremden Erwartungen an die künstlerische Leistung miteinander in Einklang bringen. Die Einschätzung von sängerischer Bestleistung divergiert dabei in hohem Maße. Eine langjährige, professionelle Gesangskarriere setzt deswegen neben körperlicher Belastbarkeit und künstlerischer Exzellenz auch mentale Stärke voraus, um mit den teils widersprüchlichen Erwartungshaltungen von Publikum, AgentInnen, musikalischen PartnerInnen, Casting DirektorInnen oder Coaches umzugehen und die eigene Leistungsfähigkeit langfristig auf hohem Niveau zu erhalten. Professionelle SportlerInnen nutzen mentale Trainingstechniken als Ergänzung zum physischen Training seit Jahrzehnten, da die Vorteile eines kombinierten mentalen und praktischen Trainings wissenschaftlich belegt sind. Die vorliegende Arbeit fokussiert die Gütemaßstäbe, mit denen langjährig erfolgreiche SängerInnen ihre Bestleistung definieren und führt auf, welche Strategien sie zur Erreichung derselben nennen. Die Ergebnisse der Interviewstudie zeigen, dass soziale, körperliche, situative und mentale Determinanten das Erreichen der Bestleistung beeinflussen. Entsprechend der positiven oder negativen Selbstbewertung dieser Determinanten wird das Erreichen der persönlichen Bestleistung begünstigt oder gestört. Die Studie zeigt, dass die SängerInnen ihre Bestleistung auf unterschiedliche Weise definieren, entweder mit Idealbezug, Realbezug oder Defizitbezug. Je nach Bezug nennen SängerInnen unterschiedliche mentale Strategien, um ihre Befindlichkeit und ihren Tonus zu regulieren. Dadurch aktivieren und erhalten sie ihre Fokussierungsfähigkeit, ihre Selbstkompetenzüberzeugung und ihre Handlungsfähigkeit.

Schlüsselwörter: Performanz, Bestleistung, mentale Strategien, mentales Training, professionelle SängerInnen, erfolgreiche SängerInnen, Mindset, klassische SängerInnen, Expertise

Abstract

Established elite performers in singing need the ability to bring out their full potential on a professional level in the whole course of their career. They have to deal with their own and other’s expectations for their artistic performance, as the assessment of peak performance in singing is highly diverse. A persistent professional career requires mental strength as well as physical resilience and artistic excellence to manage ambiguous expectations from the audience, agents, colleagues, casting directors or coaches and to maintain their long-term performance capacity at a high level. Professional athletes use mental training in addition to physical training for decades and research shows benefits in combined mental and physical training. The present interview study investigates self-set standards to define individual peak performance and mental strategies singers use to reach their full potential on stage. Results show that social, physical, situative and mental determinants influence singer’s peak performance. Depending on mental perception and interpretation in a positive or negative manner, singer’s peak performance gets supported or disturbed. In addition, singers define their peak performance by referring to their ideal, real or deficient standards. According to reference, singers use different mental strategies to regulate their activation and sensitivities, to remain focused, to belief in their self-competence and to maintain the ability to act.

Keywords: peak performance, mental strategies, mental training, professional singers, successful singers, mindset, classical singers, expertise

Die beobachtbare Leistung von professionellen MusikerInnen bemisst sich in der Umsetzung ihrer individuellen Kompetenzen vor Publikum. Selbst innerhalb des hoch selektierten Bereichs der langjährig erfolgreichen MusikerInnen gibt es jedoch erhebliche Unterschiede in dem Vermögen, das eigene Potential punktgenau abzurufen. Dies ist damit zu erklären, dass die beobachtbare Leistung auf der Verhaltensebene nicht nur von den beherrschten Kompetenzen, sondern auf der Prozessebene auch von latenten Variablen (z.B. Selbstbewusstsein) beeinflusst wird. Zudem unterliegen öffentlich präsentierte Leistungen der Selbst- und Fremdbewertung in besonderem Maße. Die Bezugsgrößen der Fremdbewertung divergieren je nach BewerterIn und verbleiben häufig implizit (Schäfer-Lembeck, 2018). Die Leistungsrückmeldung der BewerterInnen erfolgt dabei entweder über soziale Vergleichsnormen (normorientierte Diagnostik), mit denen die Leistung an der Verteilung des Merkmals in der Referenzpopulation bemessen wird, oder durch kriteriale Vergleichsnormen (kriteriumsorientierte Diagnostik), zur Einschätzung des Leistungsstandes anhand zuvor festgelegter Standards (Platz, 2018). Die definierten Vergleichsnormen sind – auch aufgrund nicht einheitlich definierter Standardvokabularien speziell im Bereich des Gesanges – vom subjektiven Wissen, Geschmack und Gefühl der Beurteilenden abhängig (Sol, 2016).

Die Selbstbewertung der eigenen Leistung erfolgt, indem an das eigene Handeln Gütestandards angelegt werden und das Handlungsergebnis mit der eigenen Anstrengung in Verbindung gebracht wird (Brunstein & Heckhausen, 2018). Hieraus entsteht das Leistungsmotiv einer Person, das in einer hohen Ausprägung dazu führt, dass sie sich mit den zuvor definierten Gütestandards auseinandersetzt und versucht, die „[...] Tüchtigkeitsmaßstäbe zu übertreffen“ (Brunstein & Heckhausen, 2018, S. 178). Dieser Umstand führt jedoch zu einer Diskrepanz hinsichtlich der Performanzi, also der „[...] Umsetzung einer schon vorhandenen Kompetenz in eine aktuelle Leistung [...]“ (Brunstein & Heckhausen, 2018, S. 180). Ein hohes Leistungsmotiv weist einerseits positive Korrelationen zu überdurchschnittlichen Leistungsergebnissen auf, die „[...] hohe Anstrengung und Konzentration erfordern [...]“ (Brunstein & Heckhausen, 2018, S. 179). Auf der anderen Seite führt Übermotivation zu Minderleistungen (Mayer, 2018). Grund hierfür sind die Ablenkung des mentalen Fokus auf Konsequenzen in der Zukunft sowie die hypertone Auswirkung des Perfektionsstrebens (Kuhl, 2001), welche die körperliche Leistungsfähigkeit einschränken (Eberspächer, 2009; Mayer, 2018).

Diese Tatsache ist für MusikerInnen und SportlerInnen gleichermaßen relevant. Dieser Erkenntnis folgend, arbeiten professionelle SportlerInnen mit mentalen Übungen, durch die sie kognitive und meta-kognitive Strategien trainieren, die sie zur optimalen Umsetzung ihrer Kompetenz in Performanz befähigen (Eberspächer, 2009, 2011; Loehr, 2006; Mayer, 2018; Mayer & Hermann, 2011; Wörz, 2016). In der sportpsychologischen Forschung wurde gezeigt, dass das Training mentaler Strategien in Kombination mit körperlichem Training (also der Ausdauer, Taktik und Koordination) einen höheren Effekt auf die sportliche Leistungsfähigkeit hat, als rein körperliches oder rein mentales Training (ein Überblick hierfür findet sich in Mayer & Hermann, 2011). Basierend auf diesen Ergebnissen wird das mentale Training als Baustein in die Trainingspläne professioneller SportlerInnen integriert (Hohmann, Lames & Letzelter, 2010).

Auch bei MusikerInnen werden meta-kognitive Strategien zur Reduktion von Auftrittsangst und damit zur Ermöglichung von persönlicher Bestleistung eingesetzt (Spahn, 2012). Neben der Auftrittsangst mindern Perfektionismus, mangelnde Selbstkompetenzüberzeugung, unrealistische Erwartungen oder negative Selbstzuschreibungen nach Fehlern die Fähigkeit von MusikerInnen, ihr Können auf der Bühne vollständig umzusetzen (Kruse-Weber & Parncutt, 2014; Osborne, Greene & Immel, 2014). Zu einem ähnlichen Schluss kommen Untersuchungen in Deutschland und Schweden, die zeigen, dass die Leistungsfähigkeit von professionellen SängerInnen weniger durch stimmphysiologische Probleme oder Erkältungen, sondern durch muskuläre und psychovegetative Probleme eingeschränkt werden (Mathmann, Deusen, Matulat, & am Zennhof-Dinnesen, 2011; Sandgren, 2009). In einer quantitativen Studie zur psychischen Gesundheit zeigt Hannig, dass 27,3% (N = 165) der untersuchten solistisch tätigen OpernsängerInnen einen Verdacht auf eine psychische Störung aufweisen. Dabei kommt es bei Personen unter 40 Jahren sowie bei Frauen zu einem signifikant häufigeren Auftreten einer psychischen Störung. Gründe hierfür werden mit unsicheren Arbeitsverhältnissen sowie erhöhtem Leistungsdenken in Verbindung mit Geringschätzung der eigenen Leistung genannt (Hannig, 2004). Ähnliche Ergebnisse zeigt eine Studie mit norwegischen Musikern (N = 1607). Hier wurde in der Gruppe der SängerInnen (n = 311) mit 21,9% der höchste Wert eines Verdachts auf eine psychische Störung festgestellt (Vaag, Bjorngard & Bjerkeset, 2016). Demgegenüber berichtet Hodapp bei einer Stichprobe mit N = 313 SängerInnen über kein erhöhtes Burnout-Risiko von Sängern gegenüber einer Kontrollgruppe. Er zeigt aber, dass die Ausprägungen von Optimismus / Pessimismus sowie der Erholungskompetenz mit dem Auftreten eines Burnouts korrelieren (Hodapp, 2018), Kompetenzen also, die durch den Einsatz von mentalen Strategien verbessert werden können. In einer Studie zu mentalen Fähigkeiten geben 40,4% (N = 499) der befragten MusikerInnen an „[...] that they did not know how to use mental strategies to help them perform better“ (Allan, 2016, S. 10). Hinzu kommt, dass MusikerInnen nicht nur am Anfang ihrer Karriere Höchstleistungen erbringen müssen, sondern – auch hier eine Parallele zu SportlerInnen – die eigentliche Herausforderung darin besteht, über einen Karriereverlauf kontinuierlich Höchstleistungen abrufen zu können, denn: „Der erreichte Erfolg führt zu Erwartungen, wieder erfolgreich zu sein – Erwartungen von außen (zum Beispiel Medien und Öffentlichkeit), aber auch von den Athleten selbst.“ (Mayer, 2018, S. 17).

Dies wird durch den Umstand erschwert, dass die Qualität von MusikerInnen während des Karriereverlaufs ständigen Überprüfungen und Bewertungen ausgesetzt ist und gesundheitliche Beeinträchtigungen und damit zusammenhängende Leistungseinbußen den beruflichen Status gefährden können (Schuppert & Altenmüller, 2018). Diese Herausforderungen, die sich dazu noch in der beruflichen Unsicherheit vieler MusikerInnen wiederspiegeln (Gembris, 2018), haben Einfluss auf das Selbstkonzept (Spahn, 2012) und somit auch auf die Überzeugung in die eigene Kompetenz (Hasselhorn & Gold, 2013). Da Selbstkonzepte aber „[...] dem Bewusstsein und der Reflexion zugängliche Bereiche des Selbst[.]“ (Spychiger, 2018, S. 254) sind, können diese ebenso, wie die Überzeugung in die eigene Kompetenz durch mentale Strategien beeinflusst werden (Allan, 2016; Eberspächer, 2009, 2011; Mayer, 2018; Wörz, 2016).

Forschungsfragen

Die „Kernidee der Expertiseforschung ist die Identifikation und Quantifizierung von Determinanten der Leistungsentwicklung (Ackermann, 1992; Gruber, 2007) zur Erklärung von hohen bzw. professionellen Leistungen“ (zitiert nach Hasselhorn & Knigge, 2018, S. 203). Somit ergibt sich aus den aufgeführten Forschungsergebnissen eine Erkenntnislücke hinsichtlich gelingender Umsetzung des individuellen Könnens in persönliche Bestleistung bei langjährig erfolgreichen MusikerInnen. Der Fokus dieser Untersuchung liegt auf professionellen SängerInnen. Diese HöchstleisterInnen werden als ExpertInnen bezeichnet, die auf ihrem Gebiet über eine lange Zeitspanne Höchstleistungen erbringen (Hasselhorn & Knigge, 2018). Der Arbeit wurden folgende Forschungsfragen zugrunde gelegt:

1. Mit welchen Kriterien definieren erfolgreiche SängerInnen ihre persönliche Bestleistung?

2. Inwiefern nutzen sie mentale Strategien zur Erreichung von persönlicher Bestleistung?

Methode

Sampling

Die Auswahl der InterviewpartnerInnen erfolgte nach dem Prinzip des theoretischen Samplings über einen Zeitraum von 13 Monaten. Eine Pre-Testung des Interviewleitfadens wurde im Vorfeld mit einem Sänger und einem Liedbegleiter durchgeführt, um zusätzlich eine dem Singen verwandte und dennoch externe Sichtweise zu generieren. Im Weiteren wurden 25 ausgewählte SängerInnen direkt, über Agenturen oder Mittelsleute per Mail und telefonisch kontaktiert, woraufhin sich 20 SängerInnen zur Teilnahme bereit erklärten. Im Verlauf des theoretischen Samplings wurden SängerInnen unterschiedlicher Stimmfächer (Sopran n = 6, Mezzosopran n = 3, Alt / Countertenor n = 3, Tenor n = 2, Bariton n = 5, Bass n = 1) befragt. Als langjährig erfolgreich wurde eine professionelle sängerische Tätigkeit von mindestens 10 Jahren sowie mehrfache (internationale) Engagements an A-Bühnen oder Äquivalente im Konzertbereich definiert. In Tabelle 1 können die Unterschiede in Alter, Berufserfahrung und Alter beim Berufseinstieg zwischen den Geschlechtern betrachtet werden.

Tabelle 1

Alter, Berufserfahrung und Alter beim Berufseinstieg der befragten SängerInnen

Eigenschaft (in Jahren) gesamt (N = 20)
weiblich (n = 10)
männlich (n = 10)
M SD Min Max M SD Min Max M SD Min Max
Alter 48,5 6,3 39 62 46,6 5,8 39 56 50,3 6,6 41 62
Berufserfahrung 23,3 7,8 12 40 20,7 6,5 12 33 25,6 8,4 15 40
Berufseinstieg 25,2 2,8 19 30 25,9 2,2 23 30 24,4 3,2 19 28

Die befragten SängerInnen sind in unterschiedlichen künstlerischen Bereichen aktiv (Konzert, Oper, pädagogische Tätigkeit, Sonstiges). Der Bereich Oper / Musiktheater wird mit durchschnittlich 47,2%, SD = 29,8 am häufigsten genannt, im Konzertbereich sind die SängerInnen im Mittel zu 31%, SD = 26,3 tätig und in der Lehre durchschnittlich zu 19,8%, SD = 23,4. Eine Person gab an, zu 40% im Bereich Sonstiges tätig zu sein. Die Selbsteinschätzungen der Tätigkeitsbereiche sind in Tabelle 2 aufgeführt. Daraus wird ersichtlich, dass die prozentuale Verteilung der sängerischen Tätigkeiten sehr unterschiedlich ist. Zudem wurde nur die Tätigkeitsaufteilung zum Zeitpunkt des Interviews erhoben. Mehrfach wurde erwähnt, dass zu früheren Zeitpunkten der Karriere die Aufteilung der Tätigkeiten eine andere war.

Tabelle 2

Selbsteinschätzung der Anteile in Tätigkeitsbereichen (in %)

ExpertInnen Oper Konzert Lehre Sonstiges
S1 90 10 0
S2 70 30 0
S3 30 20 50
S4 90 10 0
S5 15 50 35
S6 0 60 40
S7 40 20 0 40
S8 0 90 10
S9 0 80 20
S10 80 0 20
S11 70 10 20
S12 49 50 1
S13 10 0 90
S14 70 15 15
S15 50 50 0
S16 50 30 20
S17 50 50 0
S18 50 30 20
S19 50 0 50
S20 80 15 5

Anmerkung. S = SängerIn.

Erhebungsmethodik und Auswertung

Die SängerInnen wurden mit Hilfe eines halbstandardisierten, fokussierten Experteninterviews befragt (Bogner, Littig & Menz, 2014). Dazu wurde ein Interviewleitfaden entworfen, der in die drei Bereiche Bestleistung, Umgang mit Herausforderungen und Mentale Strategien eingeteilt wurde. Zwei der Leitfragen wurden nach der Durchführung der ersten beiden Interviews leicht modifiziert, da sich Redundanzen ergaben. Die Interviews wurden entweder telefonisch, per Skype oder im persönlichen Gespräch zwischen Oktober 2017 und September 2018 durchgeführt. Die Interviews dauerten im Durchschnitt 27 Minuten (max. 67, min. 10). Drei Gespräche mussten aufgrund technischer Störungen oder persönlicher Gründe kurz unterbrochen werden, konnten aber nach wenigen Minuten weitergeführt werden. Alle SängerInnen wurden über die Anonymisierung, das wissenschaftliche Vorgehen und die Datenspeicherung informiert.

Die Interviews wurden wörtlich transkribiert, wobei die non- und paraverbalen Elemente nur in Ausnahmefällen Beachtung fanden (z. B. bei langen Pausen des Nachdenkens oder emotionalen Äußerungen wie lachen). Bei der Auswertung in Anlehnung an die Grounded Theory (Bogner et al., 2014; Strübing, 2014) wurden in einem zirkulären Prozess Gemeinsamkeiten und Unterschiede der einzelnen Expertenaussagen analysiert. Die zur Beantwortung der Forschungsfragen relevanten Teile der Interviews wurden kodiert und paraphrasiert. Im Sinne der induktiven Theoriebildung wurden die so entstandenen Paraphrasen in Unter- und Schlüsselkategorien konzeptualisiert. Da das Ziel der Studie nicht primär in der Betrachtung von Einzelfällen, sondern im Vergleich des „Überindividuell-Gemeinsame[n]“ (Meuser & Nagel, 2005, S. 80) liegt, wurden die Ergebnisse nach dem Prinzip des theoretischen Samplings generalisiert (Glaser & Strauss, 1967), um darauf aufbauend Forschungsfragen für weitere empirische Untersuchungen zu generieren. Der Prozess der Generalisierung erfolgte in einer parallelen Durchführung von Datenerhebung und -auswertung, wobei zusammengehörige Paraphrasen in Unterkategorien zusammengefasst wurden. In einem Prozess des Ab- und Vergleichens der einzelnen Expertenaussagen und unter Einbezug von Kontrastfällen, also Aussagen, die den bis zu diesem Zeitpunkt gesammelten Erkenntnissen widersprachen, wurden die Kategorien sukzessive erweitert und der Forschungsgegenstand präzisiert. Nach n = 20 Interviews war der Grad der Sättigung erreicht und die Daten wurden in Schlüsselkategorien nach der Häufigkeit der Aussagen geordnet.

Ergebnisse

Schlüsselkategorien für die Definition und das Erreichen der persönlichen Bestleistung

Bezugnehmend auf die Forschungsfragen werden die Ergebnisse in drei Hauptteile gegliedert. Ergebnisteil 1 beschreibt Determinanten, die zum Erreichen der persönlichen Bestleistung maßgeblich sind. Diese werden in fünf supportive Schlüsselkategorien (SSK 1 - SSK 5) unterteilt. Ergebnisteil 2 beschreibt Determinanten, die die persönliche Bestleistung stören. Diese werden in vier disturbierende Schlüsselkategorien (DSK 1 - DSK 4) unterteilt. In Ergebnisteil 3 werden die von den SängerInnen angewandten mentalen Strategien in sechs Schlüsselkategorien (MSK 1 - MSK 6) dargestellt. Die Gliederung der Schlüsselkategorien erfolgt nach der Häufigkeit der zum Kriterium zugehörigen Paraphrasen (Pa). Die Schlüsselkategorien sind, wie in Abbildung 1 exemplarisch dargestellt wird, zur besseren Übersicht nochmals in Unterkategorien (UK) unterteilt.

Abbildung 1

Exemplarischer Codebaum am Beispiel der supportiven Schlüsselkategorien.

Die Häufigkeit der Erwähnungen wird dabei in Prozent angegeben. Bei N = 20 Befragten (100%) entspricht 5% einer Person. Äußerte sich eine Person zu mehreren Unterkategorien eines Schlüsselkriteriums, wurde sie in der Schlüsselkategorie nur einmal gezählt, in der Unterkategorie jedoch jedes Mal. Dies erklärt, warum die prozentuale Summe der Unterkategorien, die der Schlüsselkategorie übersteigen kann. Mehrfacherwähnungen einer Person, die derselben Paraphrase zugeordnet wurden, wurden in der Unterkategorie nur einmal gewertet.

Ergebnisteil 1: Supportive Schlüsselkategorien (SSK)

SSK 1: Soziale Determinanten (100%)

Von 80% der befragten SängerInnen werden soziale Aspekte genannt, die das Erreichen der individuellen persönlichen Bestleistung unterstützen (siehe Tab. 3), 70% verweisen auf den Umstand, dass Selbst- und Fremdwahrnehmung nicht immer übereinstimmen. Dies bedeutet, dass das Erreichen der persönlichen Bestleistung nicht gleichbedeutend mit Erfolg ist.

Tabelle 3

Ergebnisse SSK 1: Soziale Determinanten

Unterkategorien supportiv (SUK) Paraphrasierte Beispiele supportiver Determinanten (SPa)
SUK 1_1 Verbindung zum Publikum und den Kollegen (80%) SPa 1_1_1 Gruppendynamische, gemeinsame Bestleistung
SPa 1_1_2 Stimmung im Raum
SPa 1_1_3 Verbindung mit Publikum ist wichtiger als technische Perfektion
SUK 1_2 Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung (70%) SPa 1_2_1 Innere und äußere Bewertung stimmen nicht überein
SPa 1_2_2 Eigenes Empfinden von Bestleistung nicht gleichbedeutend mit Erfolg
SPa 1_2_3 Eigenes Empfinden von fehlender Bestleistung nicht gleichbedeutend mit Misserfolg
SPa 1_2_4 Selbst kritischer als das Publikum
SUK 1_3 Fremdeinschätzung ist nicht ehrlich (10%) SPa 1_3_1 Positive Rückmeldung aus Höflichkeit

Anmerkung. In Klammern werden die Nennungshäufigkeiten in Prozent angegeben.

Die Ergebnisse zeigen, dass die sozialen Determinanten das Erreichen der persönlichen Bestleistung unterstützen können, wenn sie von der/dem SängerIn positiv bewertet werden. Ausdrücklich betont wird in SUK 1_2 die Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung der eigenen Leistung sowohl in positive wie auch in negative Richtung. Dies macht deutlich, dass der Terminus der eigenen Bestleistung (Selbstbewertung) vom Phänomen Erfolg (positive Fremdbewertung) nur bedingt beeinflusst wird und daher häufig getrennt wird.

SSK 2: Abrufen des eigenen Potentials (80%)

80% der SängerInnen setzen ihre persönliche Bestleistung mit der Kompetenz gleich, das eigene körperliche, gesangstechnische, künstlerische und mentale Potential auf die Bühne zu bringen. Die Gewichtung der Kategorien sowie die Nomenklatur hierfür unterscheiden sich jedoch zwischen den SängerInnen.

Die Ergebnisse dieses Schlüsselkriteriums zeigen, dass die SängerInnen ihre persönliche Bestleistung auf unterschiedliche Leistungszustände beziehen. SUK 2_1 und 2_2 verweisen auf ideale, SUK 2_3 und 2_4 auf realistische Bedingungen (siehe Tab. 4). Der Idealbezug definiert das sängerisch-künstlerische Ideal unter optimalen körperlichen, mentalen, sozialen und situativen Voraussetzungen.

Tabelle 4

Ergebnisse SSK 2: Abrufen des eigenen Potentials

Unterkategorien supportiv (SUK) Paraphrasierte Beispiele supportiver Determinanten (SPa)
SUK 2_1 Optimales Zusammenspiel aller relevanten Faktoren / Präsenz (45%) SPa 2_1_1 Mental und körperlich präsent
SPa 2_1_2 Optimales Zusammenspiel zwischen technischen und künstlerischen Fähigkeiten
SPa 2_1_3 Umsetzen des im Vorfeld Vorbereiteten
SUK 2_2 Der Kunst dienen (30%) SPa 2_2_1 Die künstlerische Idee überzeugend und ausdrucksstark umsetzen
SPa 2_2_2 Willen des Komponisten umsetzen
SPa 2_2_3 Wahrhaftigkeit im Ausdruck
SPa 2_2_4 Bestleistung ist nicht zu beurteilen, da die Kunst für sich steht
SUK 2_3 Zufriedenheit (35%) SPa 2_3_1 Zufriedenheit mit eigener Leistung
SPa 2_3_2 Annehmen der situativen Gegebenheiten
SUK 2_4 Normalleistung (15%) SPa 2_4_1 Realistische Selbsteinschätzung
SPa 2_4_2 Nicht besser sein wollen, als man ist

Anmerkung. In Klammern werden die Nennungshäufigkeiten in Prozent angegeben.

Eine Definition von Bestleistung im Idealbezug lautet folgendermaßen:

Sängerische Bestleistung ist, wenn Körper und Geist und alles perfekt miteinander im Einklang ist und kommunizieren kann. Dass man wirklich auf den Punkt kommen kann, emotional, intellektuell, in der Sache. Auf allen Ebenen im Ausdruck präsent ist. (S6)

Der Realbezug fokussiert die bestmögliche Umsetzung des eigenen Könnens unter den im Moment der Aufführung zur Verfügung stehenden körperlichen, mentalen, sozialen und situativen Voraussetzungen.

Eine realbezogene SängerIn definiert Bestleistung wie folgt:

Bestleistung ist, wenn ich meinen eigenen Ansprüchen genügen kann. Also, wenn ich das Gefühl habe, an dem Tag, in der Form in der ich gerade bin, einfach mein Bestes gebracht zu haben. Sowohl [...] gut vorbereitet gewesen zu sein, aber natürlich, manchmal gibt es halt Zeitprobleme bei der Vorbereitung, dann auch an dem Tag zu sagen: ok, mehr war vorher einfach nicht drin. Und trotzdem habe ich es geschafft, das Beste rauszuholen. (S11)

SSK 3: Bestleistung nur individuell definier- und messbar (70%)

Die Äußerungen zum SSK 3 in Tabelle 5 bestätigen die Trennung zwischen Selbstwahrnehmung der eigenen Bestleistung und beruflichem Erfolg, die langjährig erfolgreiche SängerInnen vornehmen. 70% der Befragten äußerten sich dahingehend, dass die eigene Bestleistung je nach Sichtweise des Betrachters unterschiedlich bewertet wird.

Tabelle 5

Ergebnisse SSK 3: Bestleistung nur individuell definier- und messbar

Unterkategorien supportiv (SUK) Paraphrasierte Beispiele supportiver Determinanten (SPa)
SUK 3_1 Interindividuelle Definition (25%) SPa 3_1_1 Beurteilung der Außenstehenden
SPa 3_1_2 Man kann nicht alles beeinflussen
SPa 3_1_3 Einschätzung des Publikums ist auch nicht objektiv
SPa 3_1_4 Es gibt Faktoren, in denen sich in der Einschätzung alle einig sind (besondere Höchstleistung, besondere Fehler)
SUK 3_2 Intraindividuelle Definition (20%) SPa 3_2_1 Die eigene Leistung ist nur selbst zu bemessen
SUK 3_3 Kritik am Begriff Bestleistung (25%) SPa 3_3_1 Nie oder nur kurz zufrieden mit der eigenen Leistung
SPa 3_3_2 Live-Erlebnisse können nicht perfekt sein
SPa 3_3_3 Gut sein wollen ja, Bestleistung spielt keine Rolle

Anmerkung. In Klammern werden die Nennungshäufigkeiten in Prozent angegeben.

Die Ergebnisse des dritten Schlüsselkriteriums fokussieren den Aspekt des Bewertet-Werdens von außen sowie die Ablehnung des Begriffs Bestleistung im Verständnis von Perfektionsstreben (aus der Sicht des Realbezugs). Durch die Relativierung des Begriffs Bestleistung verhindern die SängerInnen Übermotivation und Perfektionsstreben und sichern so ihre Leistungsfähigkeit (Kuhl, 2001). Dies geschieht im Realbezug durch die Fokussierung auf das Abrufen der „Normalleistung“ und die Selbstberuhigung durch das Akzeptieren und Annehmen der Gegebenheiten. Im Idealbezug hingegen akzeptieren die SängerInnen von vorneherein, dass es den erstrebten Idealzustand nicht geben kann und sie sich diesem nur annähern können. Dies zeigt sich auch im Gegensatz zwischen der SPa 1_3_1 Positive Rückmeldung aus Höflichkeit und SPa 3_1_3 Einschätzung des Publikums ist auch nicht objektiv (siehe Tab. 5). Während SPa 1_3_1 (siehe Tab. 3) idealbezogen die Akzeptanz des möglichen Nichterreichens der Bestleistung als mentale Strategie nutzt, zeigt sich in der SPa 3_1_3 die mentale Strategie der Relativierung des Begriffs Bestleistung.

SSK 4: Balance, Ausgeglichenheit, Wohlbefinden (50%)

Im SSK 4 wird die körperlich-mentale Ausgeglichenheit als Kriterium für das Erreichen von persönlicher Bestleistung genannt (siehe Tab. 6).

Tabelle 6

Ergebnisse SSK 4: Balance, Ausgeglichenheit, Wohlbefinden

Unterkategorien supportiv (SUK) Paraphrasierte Beispiele supportiver Determinanten (SPa)
SUK 4_1 Flow / Energie / Freude am Tun (45%) SPa 4_1_1 Freude und Lust am Tun
SPa 4_1_2 Besondere Energie (Magie im Raum)
SPa 4_1_3 Leichtigkeit
SPa 4_1_4 Möglichkeit, spontan und frei zu agieren
SPa 4_1_5 Mut, künstlerisch etwas zu wagen
SUK 4_2 Aktivationsregulation / Tonus (30%) SPa 4_2_1 In Balance sein (nicht zuviel und nicht zu wenig)
SPa 4_2_2 Geerdet und zentriert sein
SPa 4_1_3 Körperliche Ausgeglichenheit ist Voraussetzung für beflügelnde Gedanken
SUK 4_3 Körperliches und seelisches Wohlbefinden (15%) SPa 4_3_1 Bestleistung ist Wohlfühlen
SPa 4_3_2 Wenn man sich frei fühlt kommt es nicht so rüber, wie wenn man aufpasst

Anmerkung. In Klammern werden die Nennungshäufigkeiten in Prozent angegeben.

Die Ergebnisse des vierten Schlüsselkriteriums zeigen, dass Flow und die Freude am Tun für 45% ein Merkmal der persönlichen Bestleistung darstellen. Hinsichtlich der Körperlichkeit beziehen sich die Beispiele vor allem auf die Leiblichkeit, also das „[...] Lebendige, Gelebte und Gespürte [...]“ (Fuchs, 2015, S. 147) und weniger auf die körperliche Leistungsfähigkeit.

SSK 5: Äußere Faktoren (20%)

Positiv wahrgenommene äußere Faktoren (siehe Tab. 7) unterstützen das Erreichen der persönlichen Bestleistung. Diese situativen Determinanten beziehen sich auf räumliche Aspekte und das künstlerische Niveau.

Tabelle 7

Ergebnisse SSK 5: Äußere Faktoren

Unterkategorien supportiv (SUK) Paraphrasierte Beispiele supportiver Determinanten (SPa)
SUK 5_1 Räumlichkeit (20%) SPa 5_1_1 Akustische Gegebenheiten
SPa 5_1_2 Ästhetische Eindrücke, Geruch
SPa 5_1_3 Stimmung im Raum
SPa 5_1_4 Temperatur
SUK 5_2 Künstlerisches Niveau (5%) SPa 5_2_1 Über sich Hinauswachsen durch besonderes künstlerisches Niveau

Anmerkung. In Klammern werden die Nennungshäufigkeiten in Prozent angegeben.

SSK 6: Einhalten eines definierten Niveaus (10%)

Obgleich nur zwei SängerInnen ihre persönliche Bestleistung als ein definiertes Niveau bezeichnet haben, das nicht unterschritten werden darf, wird diese Definition einem eigenen Schlüsselkriterium zugeordnet. Dies belegt nochmals den Dualismus zwischen Ideal- und Realbezug, der sich in den vorangegangenen Ergebnissen zeigt und mit diesem Argument auf den Realbezug der Selbstbewertung der eigenen Leistung hinweist.

Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass die persönliche Bestleistung von SängerInnen durch soziale, körperliche, situative und mentale Aspekte positiv beeinflusst werden kann. Dies ist jedoch davon abhängig, in welchem Maß sie wahrgenommen und positiv beurteilt werden. Langjährig erfolgreiche SängerInnen unterscheiden sich in ihrer Definition hinsichtlich ihrer persönlichen Bestleistung. Sie differenzieren zwischen Bestleistung mit Realbezug und Bestleistung mit Idealbezug.

Ergebnisteil 2: Disturbierende Schlüsselkategorien (DSK)

Die Schlüsselkategorien, die das Erreichen der Bestleistung verhindern, rekurrieren auf die genannten vier Determinanten (sozial, körperlich, situativ und mental). Sie werden in der Reihenfolge der Nennungshäufigkeit aufgeführt.

DSK 1: Körperliche Einschränkungen (50%)

Das Erreichen der persönlichen Bestleistung wird nach Einschätzung der Hälfte der ExpertInnen durch körperliche Einschränkungen verhindert (siehe Tab. 8). Diese sind im Gegensatz zu den in SSK 4 (siehe Tab. 6) aufgeführten leiblichen Phänomenen nur in geringem Maße beeinflussbar und müssen als Faktum akzeptiert werden.

Tabelle 8

Ergebnisse DSK 1: Körperliche Einschränkungen

Unterkategorien disturbierender Determinanten (DUK) Paraphrasierte Beispiele disturbierender Determinanten (DPa)
DUK 1_1 Erkältung, Infekte (30%) DPa 1_1_1 Beginnender Infekt vor oder während der Vorstellung
DPa 1_1_2 Psychosomatischer Effekt, der Körper fordert Ruhe, deswegen wird die Stimme heiser
DUK 1_2 Erschöpfung, Müdigkeit (25%) DPa 1_2_1 Bedingt durch Rückenschmerz oder Erkältung
DPa 1_2_2 Allgemeine Erschöpfung
DUK 1_3 Allergie (5%) DPa 1_3_1 Gräser, Pollen
DUK 1_4 Zu hoher Tonus (5%) DPa 1_4_1 Spontanreaktion des vegetativen Nervensystems

Anmerkung. In Klammern werden die Nennungshäufigkeiten in Prozent angegeben.

DSK 2: Mentale Störungen (45%)

Einschränkende intrapersonale Faktoren (siehe Tab. 9) beziehen sich auf mentale Phänomene, die das Selbstkonzept der SängerInnen in störender Weise beeinflussen.

Tabelle 9

Ergebnisse DSK 2: Mentale Störungen

Unterkategorien disturbierender Determinanten (DUK) Paraphrasierte Beispiele disturbierender Determinanten (DPa)
DUK 2_1 Selbstabwertung (15%) DPa 2_1_1 Selbstzweifel führen zu Selbstverachtung
DUK 2_2 Professionelle Identität (10%) DPa 2_2_1 Von der Alltagsrolle in die Rolle der Sängerin zu wechseln
DPa 2_2_2 Rolle im Konzert ohne „Schutz“ der Opernrolle
DUK 2_3 (Künstlerische) Sensibilität (10%) DPa 2_3_1 Umgang mit unsensiblen Kommentaren und Kollegen
DUK 2_4 Angst, Erwartungen nicht zu erfüllen (10%) DPa 2_4_1 Eigene Erwartungen enttäuschen
DPa 2_4_2 Hörerwartungen des Publikums nicht erfüllen

Anmerkung. In Klammern werden die Nennungshäufigkeiten in Prozent angegeben.

Die mentalen Störungen sind im Gegensatz zu den körperlichen Einschränkungen der DSK 1 (siehe Tab. 8) nicht faktisch, also als Krankheit zu diagnostizieren, sondern interpretierbar und somit durch mentale Strategien beeinflussbar.

DSK 3: Soziale Störungen (40%)

Im DSK 3 werden interpersonale, soziale Faktoren genannt (siehe Tab. 10), die das Erreichen der Bestleistung verhindern.

Tabelle 10

Ergebnisse DSK 3: Soziale Störungen

Unterkategorien disturbierender Determinanten (DUK) Paraphrasierte Beispiele disturbierender Determinanten (DPa)
DUK 3_1 Konflikte (25%) DPa 3_1_1 Dramatische äußere Situationen
DPa 3_1_2 Spannungen im Privatleben / Beziehung
DPa 3_1_3 Rückfall in alte Beziehungs- / Verhaltensmuster
DUK 3_2 Rückmeldung / Kritik (10%) DPa 3_2_1 Keine Rückmeldung nach der Vorstellung
DPa 3_2_2 Kritik im Internet
DUK 3_3 (Künstlerische) Uneinigkeit (10%) DPa 3_3_1 Nicht zu erfüllende Erwartungen des Dirigenten
DPa 3_3_2 Andere Form von Sensibilität
DUK 3_4 Mangelnde Unterstützung (5%) DPa 3_4_1 Pianisten zum Einstudieren stehen nicht zur Verfügung

Anmerkung. In Klammern werden die Nennungshäufigkeiten in Prozent angegeben.

DSK 4: Situative Einschränkungen (30%)

Negativ wahrgenommene situative Faktoren (siehe Tab. 11) behindern die persönliche Bestleistung folgendermaßen:

Tabelle 11

Ergebnisse DSK 4: Situative Einschränkungen

Unterkategorien disturbierender Determinanten (DUK) Paraphrasierte Beispiele disturbierender Determinanten (DPa)
DUK 4_1 Raum (15%) DPa 4_1_1 Dreck und Staub auf der Bühne
DPa 4_1_2 Akustische Schwierigkeiten
DUK 4_2 Reisestress (10%) DPa 4_2_1 Hotelzimmer, die Erholung erschweren
DUK 4_3 Zeitnot (5%) DPa 4_3_1 Stress in der Anreise
DPa 4_3_2 Zu wenig Probenzeit
DUK 4_4 Einschränkungen der persönlichen Bedürfnisse (5%) DPa 4_4_1 Kein adäquates Essen, fehlende Koffer

Anmerkung. In Klammern werden die Nennungshäufigkeiten in Prozent angegeben.

Wie bei den körperlichen Einschränkungen in DSK 1 (siehe Tab. 8) gibt es (von außen kommende) soziale und situative Merkmale, die sich nur bedingt beeinflussen lassen. Bei den sozialen, körperlichen und situativen Determinanten muss zwischen beeinflussbaren und nicht beeinflussbaren Merkmalen unterschieden werden. Im weiteren Verlauf werden die nicht beeinflussbaren Faktoren faktische Merkmale und die beeinflussbaren Faktoren interpretierbare Merkmale genannt. Interpretierbare Merkmale können im Gegensatz zu faktischen Merkmalen durch die Veränderung des mentalen Fokus entweder anders wahrgenommen oder ausgeblendet werden (Eberspächer, 2011; Loehr, 2006; Mayer, 2018). Faktische Merkmale können hingegen im Extremfall zu Handlungsunfähigkeit führen. Körperlich ist ein gebrochenes Bein ein faktischer Zustand, ein Kloßgefühl im Hals hingegen ein interpretierbarer Zustand. Im Bereich des Sozialen ist ein Shitstorm im Internet faktisch, eine ausbleibende Rückmeldung hingegen interpretierbar. Situativ faktisch ist die Temperatur im Raum, interpretierbar ist die ästhetische Qualität des Raumes. Die Grenze zwischen faktisch und interpretierbar ist dabei fließend. Im Hinblick auf die mentale Determinante hängt diese dichotome Unterscheidung nicht von äußeren Einflüssen, sondern von den angewandten mentalen Strategien ab. Ein faktisches mentales Merkmal wäre beispielsweise ständige Selbstabwertung. Ohne geeignete Strategie führt dies in eine mentale Negativspirale und verhindert das Erreichen der persönlichen Bestleistung. Durch das Erkennen dieses Faktums kann mittels Selbstgesprächsregulation mentale Kontrolle erlangt werden und die Überzeugung in die eigene Kompetenz wiederaufgebaut werden. Somit wird das mentale faktische Merkmal zum interpretierbaren Merkmal und die Handlungsfähigkeit wiederhergestellt.

Ergebnisteil 3: Mentale Strategien (MSK)

Der dritte und letzte Ergebnisteil beschreibt die mentalen Strategien, die langjährig erfolgreiche SängerInnen nutzen, um ihre persönliche Bestleistung zu erreichen (siehe Tab. 18).

MSK 1: Fokussierung (75%)

Fünfzehn der 20 SängerInnen beschreiben mentale Strategien, mit denen sie vor oder während einer Aufführung ihre Fokussierung (siehe Tab. 12) auf das künstlerisch-sängerische Tun explizit steuern.

Tabelle 12

Ergebnisse MSK 1: Fokussierung

Unterkategorien Mentale Strategien (MUK) Paraphrasierte Beispiele der mentalen Strategien (MPa)
MUK 1_1 Konzentration (65%) MPa 1_1_1 Erlangung eines anderen Bewusstseinzustands
MPa 1_1_2 Konzentration wird über den gesamten Tag der Vorstellung aufgebaut
MPa 1_1_3 Fokus ist zeitlich begrenzt und muss aufrecht erhalten werden
MPa 1_1_4 Konzentration benötigt Alleinsein
MPa 1_1_5 Ausblenden der Umwelt
MUK 1_2 Umgang mit Fehlern (30%) MPa 1_2_1 Nicht zurückschauen
MPa 1_2_2 Aufarbeitung der Fehler führt zu künstlerischer Qualität
MPa 1_2_3 Ärger auf später verschieben
MPa 1_2_4 Durch die Analyse des Misserfolgs lernen
MPa 1_2_5 Nicht hadern, 80 Prozent akzeptieren
MPa 1_2_6 Selbstkritik ist förderlich, Selbstbeschimpfung schädlich
MUK 1_3 Im Moment sein (20%) MPa 1_3_1 In der Rolle sein
MPa 1_3_2 Nicht so toll gesungene Töne in Kauf nehmen, da aus dem künstlerischen Moment entstanden

Anmerkung. In Klammern werden die Nennungshäufigkeiten in Prozent angegeben.

MSK 2: Aktivationsregulation (65%)

MSK 2 fokussiert die Regulation der körperlichen Aktivation (siehe Tab. 13), also des Tonus, der in der SUK 4_2 als Bedingung für Bestleistung genannt wurde. Obwohl diese Methoden als eine Kombination aus Körpermethode und mentaler Methode zu werten sind, führen sie zu einer Beeinflussung der mentalen Befindlichkeit, wie es in der Embodiment-Theorie beschrieben wird (Koch, 2011; Storch, Cantieni, Hüther & Tschacher, 2015).

Tabelle 13

Ergebnisse MSK 2: Aktivationsregulation

Unterkategorien Mentale Strategien (MUK) Paraphrasierte Beispiele der mentalen Strategien (MPa)
MUK 2_1 Aktivierung (30%) MPa 2_1_1 Yoga, Tai Chi, Gymnastik, Spaziergänge, Rückenschule
MPa 2_1_2 Den Körper komplett durchbewegen vor der Aufführung
MPa 2_1_3 Körperübungen, um verspannte Körperpartien zu lockern
MUK 2_2 Zentrierung und Atmung (25%) MPa 2_2_1 Tiefatmung
MPa 2_2_2 Zentrierung, Erdung
MPa 2_2_3 Tonus aufbauen, Spannungen abbauen
MUK 2_3 Ressourceneinteilung (25%) MPa 2_3_1 Zwei Tage zuvor mit Vorbereitung beginnen
MPa 2_3_2 Wenn der Tonus stimmt, nur kurzes stimmliches Aufwärmen
MPa 2_3_3 Keine sportliche Betätigung
MPa 2_3_4 Schlaf, Essen und Genussmittel müssen reguliert werden
MUK 2_4 Achtsamkeit (10%) MPa 2_4_1 Fokus auf den Körper
MPa 2_4_2 Körperliches Wohlgefühl kann zu verringerter Konzentration führen

Anmerkung. In Klammern werden die Nennungshäufigkeiten in Prozent angegeben.

Hier ergibt sich eine Parallele zwischen der mentalen Strategie MPa 2_4_2 (siehe Tab. 13) und der Einschätzung in SPa 1_2_2 Eigenes Wohlbefinden nicht gleichbedeutend mit Erfolg (siehe Tab. 3). Beide Paraphrasen verweisen auf den Umstand, dass Wohlbefinden die Konzentrationsfähigkeit schmälern kann. Dies belegt folgendes Zitat:

Das körperliche Wohlbefinden würde ich persönlich (...) als eine Grundvoraussetzung empfinden, aber es birgt auch die Gefahr, dass man dann weniger achtsam ist, weniger konzentriert ist, weil man glaubt oder vermutet, es geht ja heute eh ganz gut. (S13)

MSK 3: Mentale Repräsentation (65%)

In Tabelle 14 sind von den ExpertInnen durchgeführte mentale Repräsentationen aufgeführt. Diese klassische Form des mentalen Trainings, also das Trainieren eines Bewegungsablaufs in der Vorstellung ohne deren konkrete Durchführung (Mayer & Hermann, 2011) wird in drei unterschiedlichen Varianten durchgeführt.

Tabelle 14

Ergebnisse MSK 3: Mentale Repräsentation

Unterkategorien Mentale Strategien (MUK) Paraphrasierte Beispiele der mentalen Strategien (MPa)
MUK 3_1 Visualisierungstechniken (60%) MPa 3_1_1 Visualisierung als Transformationsprozess
MPa 3_1_2 Knotenpunkte der wichtigen Stellen
MPa 3_1_3 Durch mentale Repräsentation die Inhalte ins Unbewusste übertragen
MPa 3_1_4 Mentale Repräsentation schon Tage vor der Vorstellung
MPa 3_1_5 Erkennen und Lösen von Spannungen durch mentale Repräsentation
MPa 3_1_6 Aufbau des inneren Konzepts
MUK 3_2 Inneres Hören (25%) MPa 3_2_1 Technische Schwierigkeiten durch Inneres Hören klären
MPa 3_2_2 Einstudierung durch Inneres Hören / besonders in Erkältungsphasen
MUK 3_3 Aktivierung innerer Bilder (10%) MPa 3_3_1 In der Aufführung, um Kontakt zum Körper zu bekommen
MPa 3_3_2 In der Vorbereitung, zur Selbstberuhigung

Anmerkung. In Klammern werden die Nennungshäufigkeiten in Prozent angegeben.

MSK 4: Routinen und Rituale (65%)

Zum Thema MSK 4 Routinen und Rituale äußern sich 65% der befragten SängerInnen (siehe Tab. 15). 40% nutzen Rituale, 25% lehnen Rituale explizit ab, da sie Abhängigkeiten erzeugen, die bei Nichterfüllung negative Konsequenzen haben können.

Tabelle 15

Ergebnisse MSK 4: Routinen und Rituale

Unterkategorien Mentale Strategien (MUK) Paraphrasierte Beispiele der mentalen Strategien (MPa)
MUK 4_1 Routinen (30%) MPa 4_1_1 Früh am Konzertort sein
MPa 4_1_2 Ruhe vor dem Auftritt
MPa 4_1_3 Routinen im Tagesablauf
MUK 4_2 Angewendete Rituale (25%) MPa 4_2_1 Meditationsübungen
MPa 4_2_2 Operante Konditionierung / Talisman
MPa 4_2_3 Ernährungsrituale
MPa 4_2_4 Übersichtlichkeit und Ordnung
MUK 4_3 Ablehnung von Ritualen (25%) MPa 4_3_1 Rituale schaffen Abhängigkeit
MPa 4_3_2 Einsingen reicht

Anmerkung. In Klammern werden die Nennungshäufigkeiten in Prozent angegeben.

MSK 5: Selbstkompetenzüberzeugung (60%)

Die Überzeugung in die eigene Kompetenz ist eine grundlegende Voraussetzung, um in Herausforderungen das eigene Können abzurufen (Eberspächer, 2009; Mayer, 2018). In Tabelle 16 sind unterschiedliche Strategien aufgeführt, die SängerInnen beschreiben, um Selbstkompetenzüberzeugung aufzubauen und in Aufführungen zu nutzen.

Tabelle 16

Ergebnisse MSK 5: Selbstkompetenzüberzeugung

Unterkategorien Mentale Strategien (MUK) Paraphrasierte Beispiele der mentalen Strategien (MPa)
MUK 5_1 Aufbau der Selbstkompetenzüberzeugung (40%) MPa 5_1_1 Intensive Vorbereitung
MPa 5_1_2 Fokus auf die Stärken und Kompetenzen
MPa 5_1_3 Ehrliche Auseinandersetzung mit den eigenen Schwächen
MPa 5_1_4 Absicherung durch Implementation Intentions
MUK 5_2 Vertrauen in die eigene Kompetenz (20%) MPa 5_2_1 Vor dem Auftritt, kein nochmaliges Üben, sondern Vertrauen in die eigene Kompetenz
MPa 5_2_2 Kein Leistungsgedanken, sondern Erlauben
MPa 5_2_3 Sich groß machen / Aktivierung der eigenen Stärken
MUK 5_3 Training der Nichtwiederholbarkeit (10%) MPa 5_3_1 Stück mindestens fünfmal vor Publikum singen
MPa 5_3_2 Das Stück ohne Wiederholung üben

Anmerkung. In Klammern werden die Nennungshäufigkeiten in Prozent angegeben.

MSK 6: Regulation der Befindlichkeit und Handlungsfähigkeit (55%)

Die Strategien der MSK 6 (siehe Tab. 17) weisen Parallelen zum MSK 5 (siehe Tab. 16) auf, da das Training der Selbstkompetenzüberzeugung auch die eigene Befindlichkeit reguliert. Dennoch sind die Regulationsstrategien der MSK 6 vom MSK 5 abzugrenzen, da sie darüber hinaus die Handlungsfähigkeit des / der SängerIn durch Selbstberuhigung und / oder Selbstmotivation erhalten (Martens & Kuhl, 2013).

Tabelle 17

Ergebnisse MSK 6: Regulation der Befindlichkeit und Handlungsfähigkeit

Unterkategorien Mentale Strategien (MUK) Paraphrasierte Beispiele der mentalen Strategien (MPa)
MUK 6_1 Selbstberuhigung / Herstellung von Kontrolle (55%) MPa 6_1_1 Selbstberuhigung, z.B. durch Rechenaufgaben oder Entspannungsübungen
MPa 6_1_2 Kleiner Schritt zurück, Kontrolle herstellen, durchstarten
MPa 6_1_3 Störende Gedanken ersetzen / Inneren Zensor klein machen
MPa 6_1_4 Klopftechnik
MPa 6_1_5 Fokus auf technisches Können gibt Sicherheit
MPa 6_1_6 Balance zwischen Temperament und Technik
MPa 6_1_7 Nur geeignetes Repertoire singen
MUK 6_2 Selbstmotivation (45%) MPa 6_2_1 Vorfreude
MPa 6_2_2 Positive Gestimmtheit
MPa 6_2_3 Zuversicht
MPa 6_2_4 Ich darf das tun, was ich am liebsten mache
MPa 6_2_5 Publikum ist mir wohlgesonnen
MPa 6_2_6 Self Nudging
MUK 6_3 Akzeptanz und Vertrauen (25%) MPa 6_3_1 Liebevolles sich selbst Vergeben
MPa 6_3_2 Akzeptanz, dass Perfektion nicht möglich ist
MPa 6_3_3 Geschehen lassen
MPa 6_3_4 Subtextanpassung, z.B. Rollenfigur ist erkältet
MPa 6_3_5 Abwarten und geschehen lassen in Rekonvaleszenzphasen

Anmerkung. In Klammern werden die Nennungshäufigkeiten in Prozent angegeben.

Idealbezug, Realbezug und Defizitbezug

Zusammenfassend werden die Ergebnisse zur Beantwortung der Forschungsfragen aufgeführt und mit Modellen der Handlungssteuerung verknüpft. Daraus wird ein theoretisches Konstrukt entwickelt, auf dessen Basis empirisch untersuchbare Forschungsfragen generiert werden.

1. Die Determinanten, anhand derer die SängerInnen ihre Bestleistung definieren, umfassen soziale, körperliche, mentale und situative Bedingungen (siehe Abb. 2). Diese Determinanten decken sich im Wesentlichen mit den von McPherson und Williamon definierten Katalysatoren, wie sie im Modell zur Entwicklung von Begabung und Talent in der Musik formuliert sind (McPherson & Williamon, 2016). Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen jedoch, dass die Determinanten sowohl faktisch als auch interpretierbar sein können. Die Selbstbewertung während der Handlung löst positive oder negative Affekte aus, die die Leistung der SängerInnen und deren Selbstbewertung während und nach dem Handlungsprozess beeinflussen.

Abbildung 2

Determinanten der individuellen Leistungseinschätzung.

Die erste Forschungsfrage kann also folgendermaßen beantwortet werden:

Das Handlungsergebnis wird von erfolgreichen SängerInnen als Bestleistung definiert, wenn sie soziale, körperliche, mentale und situative Determinanten faktisch und interpretierend positiv bewerten.

Die Bewertung der eigenen Leistung hat wiederum Einfluss auf die zukünftige prozessuale Selbstbewertung, wie folgende Beispiele exemplarisch zeigen:

Es gab mal einen Liederabend, wo ich stimmlich einfach angeschlagen war und ich dann raus bin mit meinem Pianisten und wir überlegt haben, ob wir jetzt abbrechen, weil es nicht funktioniert hat und wir haben dann aber entschieden trotzdem weiter zu machen und ich habs dann einfach mit Gewalt versucht. Und die Stücke, die ich damals gesungen hab, die sind durchaus, ja, da findet was zwischen den Ohren statt, wenn ich die wieder anpacke, weil das war einfach eine richtig blöde Situation. (S8)

[...] subjektive Kriterien, beispielsweise wie man sich innerhalb einer Aufführungswoche fühlt und wie man sich überhaupt einschätzt, die eigene Leistungsfähigkeit und dann kann auch eine schlechte Aufführung schon gut konnotiert werden, weil sie einfach relativ gut ging, im Vergleich zu dem, was man vorher angenommen hat. (S12)

Es hängt tatsächlich immer mit der inneren Befindlichkeit zusammen. Man ist so im Gleichgewicht mit sich selbst und dann habe ich das Vertrauen gefunden, auch durch Erfolge sicherlich, durch gutes Feedback, dass, wenn ich ganz normal ich selbst bin, eben diese „Normalleistung“ bringe, dass die eben genau meine Bestleistung ist. (S20)

2. Die Selbstbewertung der Determinanten beeinflusst die volitionale Handlungssteuerung (Kuhl, 2001) und wird von affektiven und attributiven Merkmalen beeinflusst. Das bedeutet, dass die SängerInnen ihre persönliche Bestleistung auf unterschiedliche Art und Weise definieren. Sie unterscheiden in ihrer Selbsteinschätzung zwischen Bestleistung im Idealbezug (siehe Abb. 3) und Bestleistung im Realbezug (siehe Abb. 4). Die idealbezogene Bestleistung wird von den SängerInnen als Zustand beschrieben, der nur selten eintritt. Er ist möglich, wenn alle Determinanten positiv bewertet werden.

Abbildung 3

Selbstbewertung der Leistung mit Idealbezug.

Abbildung 4

Selbstbewertung der Leistung mit Realbezug.

Meine Bestleistung wäre erreicht, wenn ich in dem Moment des Konzertes alles auf einen Punkt bringen kann. [...] Alles, was ich mit meinem eigenen Üben über Jahre [...] versucht habe, zu erreichen, immer wieder zu verfeinern, auch anzupassen, auch in unterschiedlichen Lebenssituationen. Wenn ich all dieses auf einen Punkt bringen könnte, und dann im Moment des Konzertes das Gefühl hätte, ich hätte es gerade erfunden. (S9)

Die Selbsteinschätzung der eigenen Leistung im Realbezug schließt die im Moment zur Verfügung stehenden Ressourcen in die Bewertung der Bestleistung mit ein. Zentral ist, dass negativ ausgeprägte Determinanten ausgeblendet und negative Gefühle herunterreguliert werden, was dann zu einer positiven prozessualen Selbstbewertung führt. Dieses volitionale Handeln wird als Selbstberuhigung bezeichnet (Martens & Kuhl, 2013). Im sportpsychologischen Kontext wird dieser Vorgang als Befindlichkeitsregulation beschrieben (Eberspächer, 2009; Mayer, 2018).

Bestleistung hieße für mich also, das Bestmögliche zu erreichen, was an dem Tag gerade geht. Von einem selbst aus, auch von den äußeren Einflüssen, das ist ja an jedem Tag anders. (S2)

Analog zum Modell der Lage- und Handlungsorientierung kann der Idealbezug in Beziehung zur Lageorientierung gesetzt werden. Lageorientierung bedeutet, dass im Moment der Leistungserbringung mentale Prozesse ablaufen, die sich analytisch mit der Situation im Vergleich zu vergangenen und mit Konsequenzen in der Zukunft beschäftigen (Aktivierung des Absichtsgedächtnisses). Im Idealbezug wird die Ausprägung der Determinanten mit vergangenen positiven Situationen verglichen und eingeordnet. In der Handlungsorientierung hingegen wird der mentale Fokus auf die Ausführung der Handlung gelegt, die so genannte Willensbahnung wird aktiviert (Kuhl, 2001). Dieser volitionalen Strategie lässt sich der Realbezug zuordnen, bei dem die Handlung im mentalen Fokus steht und die Ausprägung der Determinanten nur im positiven Falle wahrgenommen werden. Aus sportpsychologischer Sicht gilt dieses handlungsorientierte Vorgehen als leistungsförderlich, da Athleten im „Hier und Jetzt“ auf ihre Tätigkeit fokussiert sind (Eberspächer, 2009, S. 113ff.; Mayer, 2018). Dennoch kann die Lage- und Handlungsorientierung keineswegs dichotom in leistungsförderlich oder -verhindernd eingeteilt werden. Untersuchungen von Roth (1993) und Beckmann (1999) zeigen, dass es zwar Unterschiede zwischen Lage- und Handlungsorientierten hinsichtlich dem Entscheidungsverhalten und der Leistungserbringung unter Belastung gibt. Nutzen Lageorientierte jedoch Strategien der Selbstregulation und Selbstkontrolle, die die Subsysteme unterdrücken, die von der Handlung ablenken, sind sie ebenso in der Lage Höchstleistungen unter Belastung zu erbringen. Vor allem Aufgabenerfahrung und intensive Aufmerksamkeit (Beckmann, 1999) führen hierbei zur Erbringung von Höchstleistungen bei Lageorientierten. Es ist also anzunehmen, dass das Prinzip des Ideal- und Realbezugs bei SängerInnen möglicherweise alternierend, je nach Situation und Entwicklungsstand innerhalb des Karriereverlaufs angewandt wird.

Der Defizitbezug (siehe Abb. 5) hingegen beeinflusst die prozessuale Selbstbewertung der zur Verfügung stehenden Ressourcen negativ, so dass auch das Leistungsergebnis postprozessual negativ bewertet wird. Die Bestleistung gilt als nicht erreicht.

Abbildung 5

Selbstbewertung der Leistung mit Defizitbezug.

[…] aber dann eben vor Publikum die Erwartungshaltung an mich selber groß ist und man schaut eben doch in hunderte oder tausende Augen, die, ja, Außerordentliches erwarten und dann stellen sich Ängste ein, das vielleicht, also, bezüglich auf den Raum, nein eigentlich nicht, also... nur die Atmosphäre im Raum, also ich hab keine Angst vor großen Räumen, dass jetzt meine Stimme nicht genau rüberkommt oder solche Sachen, das hab ich nicht eher so detaillierte, oder besondere Werke, die so n’ bisschen angstbehaftet sind aus der Jugend. (S3)

Und ich hasse das im modernen Betrieb, gerade bei Konzerten, wenn man einfach daherkommt, [...] eine Probe und die Hauptsache ist, dass man zusammen anfängt und aufhört. Das ist eine Form, die bei mir nicht zu Bestleistung führen kann. (S7)

Auch hier kann eine Parallele zur Lageorientierung gezogen werden. Aufgrund der negativen Emotionen erfolgt eine erhöhte Aktivierung des Absichtsgedächtnisses und die Willensbahnung wird eingeschränkt (Kuhl, 2001). Dies führt zur Beeinträchtigung des Leistungsergebnisses und negativer Selbstbewertung, die in der Folge weitere Leistungssituationen negativ beeinflussen kann (siehe Abb. 2).

3. Zur Beantwortung der zweiten Forschungsfrage wird konstatiert, dass die SängerInnen unterschiedliche mentale Strategien in der Vor- und Nachbereitung von Auftritten zur Regulation und positiven affektiven Verstärkung nutzen (Brunstein & Heckhausen, 2018).

Aufgrund der unterschiedlichen Bezugnahme in der Selbstbewertung der eigenen Leistung unterscheiden sich auch die mentalen Strategien der ExpertInnen. Für SängerInnen im Realbezug ist es grundlegend notwendig, ihre Befindlichkeit zu regulieren sowie durch Fokussierung auf die eigenen Stärken Störvariablen auszublenden:

Also, wenn ich merke, dass ich meine Leistung nicht abrufen kann, dann versuch ich zunächst mal an gesangstechnische Sachen zu erinnern und mir das zu sagen und nicht in Panik zu verfallen, sondern im Gegenteil innerlich einen ganz kleinen Schritt zurückgehen und dann durchzustarten. Und mich auch auf Sachen zu besinnen, von denen ich weiß, dass ich die drauf hab, sozusagen. (S8)

Was ich insgesamt immer mehr lerne, ist, die absolute Freude am Ausüben dieses Berufes, dass die der Schlüssel zu ganz vielem ist. Ich bin wirklich jahrelang zu jeder Vorstellung und jedem Konzert irgendwie mit solchen Konflikten und Beklemmungsgefühlen gegangen, und habe dieses „Ob es Spaß macht“ irgendwie delegiert auf die anderen. Und dann kam es auch bei mir. Das habe ich irgendwann gelernt, dass das überhaupt kein gutes Konzept ist. Sondern dass auch die Menschen mir irgendwie viel offener und liebevoller begegnen. Wenn ich einfach mir klarmache, und das auch ausstrahle, nach außen trage, aber es muss von innen kommen: „Ich tue das, weil es mir Freude macht und ich gehe mit Freude auf die Bühne“. Auch bei den schwierigsten Sachen, und wenn dann was misslingt, dann misslingt es halt. Aber wenn ich selber anzweifle, ob das richtig ist, dass ich da stehe und nicht [...], dann ist das natürlich klar, dass dieser Zweifel auch bei anderen Leuten eine Berechtigung hat. (S17)

SängerInnen im Idealbezug nutzen ebenfalls Regulationsstrategien, um die eigene Befindlichkeit zu beeinflussen. Die Akzeptanz der eigenen Fehlbarkeit ersetzt in diesem Fall die Fokusänderung. Dieses Vorgehen ist risikobehafteter als die realbezogene Vorgehensweise, da die eigene Fehlbarkeit auch zum Scheitern führen kann. Im besten Falle führt es jedoch zu künstlerischen Höchstleistungen:

Einer der schauerlichsten Momente meiner Karriere, da war ich in [...] und habe [...] gesungen, und war einfach nicht fit und stand da und wusste: die hohen Töne werden nicht kommen. Die Stimme will und kann nicht. Und die Arie kam, dieses wunderbare (singt…) und ich wusste einfach, ich werde diese Linie einfach nicht singen können. Und dann habe ich in dem Moment das einfach wieder losgelassen und gedacht: [Die Rolle, Anm.d.A.] ist auch manchmal krank, die hat auch manchmal eine Halsentzündung, und ich singe das einfach als [...] mit Halsentzündung. Ich bin dann voll in die Rolle zurück und habe das voll aus der Rolle heraus, so wie sich [...] in dem Moment halt fühlt, gesungen. Und das war dann interessant, ich habe dann zwei, drei hohe Töne einfach weggelassen, war aber einfach voll in der Geschichte. Und ich habe am selben Abend nachts um 1:30 eine Mail bekommen von jemandem aus dem Zuschauerraum, der geschrieben hat, sie seien so unglaublich berührt gewesen von dieser Figur. Wo ich sogar ein paar Töne weggelassen habe… Aber offenbar ist es mir gelungen, dann doch ganz zurück zu gehen in die Gegenwart dieser Figur. (S7)

S7, hier im Idealbezug, wertet dieses Erlebnis mitnichten als Bestleistung, sondern spricht von einem schauerlichen Moment, obwohl sie es geschafft hat, das Publikum zu berühren. Durch die mentale Strategie der Akzeptanz der Situation erhält sie sich jedoch ihre Handlungsfähigkeit. Diese Akzeptanz muss auch in der Nachbereitung einer Aufführung beibehalten werden, um Frustration zu vermeiden. Diese Frustration würde sonst eine zukünftige negative mentale Interpretation und damit einhergehende Leistungseinbußen (vgl. Abb. 5) auslösen:

Höchstleistung, die kommt ja ganz selten. Ganz, ganz selten. Aber was sozusagen wichtig ist, finde ich, ist, dass man lernt, innerhalb eines Abends die kleinen Anmerkungen, die man sich so mit dem Rotstift macht im Kopf einfach irgendwie erstmal abzusondern von dem Abend. […] jede Vorstellung ist letztlich ein “Mängelexemplar” und gleichzeitig trotzdem irgendwie ein Liebhaberstück. (S17)

Und man muss irgendwie lernen, diese Selbstkritik wahrzunehmen und daraus eine Disziplin und eine Arbeit zu leisten, aber eben nicht ein Selbst-Fresserei. Dass die Selbstkritik einfach für sich die einzige Antwort ist vor jeder Vorstellung. (S18)

Maßgeblich ist also die mentale Strategie der Akzeptanz des Nichterreichens der idealbezogenen Bestleistung, die mit einer differenzierten, die Defizite aufarbeitenden und gleichzeitig stärkenorientierten Nachbereitung einhergeht. Dies ermöglicht eine künstlerische Weiterentwicklung, mit der das erwartete Potential sogar noch übertroffen werden kann. Wird die idealbezogene Bestleistung jedoch nicht erreicht und dies mental durchgehend als Scheitern interpretiert, entsteht ein Teufelskreis, der erst wieder durch die Fokussierung auf das eigene Potential und damit zusammenhängend den Realbezug durchbrochen werden kann. Neben der Regulation der Befindlichkeit, des gezielten Fokussierens der eigenen Stärken und der Akzeptanz der Situation gibt es weitere Zielsetzungen, die die ExpertInnen in der Vor- und Nachbereitung sowie während einer Aufführung mit mentalen Strategien verfolgen.

Tabelle 18

Zielsetzungen, die SängerInnen durch mentale Strategien beeinflussen

Zielsetzungen
• Regulation der Befindlichkeit
• Stärkenfokussierung / Selbstkompetenzüberzeugung
• Akzeptanz der Situation / Im Moment sein
• Sicherstellen der Handlungsfähigkeit / Umgang mit Fehlern
• Wechsel zwischen schnellem und langsamen Denken (Fokussierung & Flow)
• Aktivationsregulation / Tonusbalance
• Transformation in die professionelle Rolle

Diskussion

Die Ergebnisse der vorliegenden Interviewstudie mit 20 sängerischen HöchstleisterInnen identifizieren vier Determinanten (sozial, mental, körperlich, situativ), die in Abhängigkeit mit der prozessualen Selbstbewertung stehen. Hieraus wurde ein Modell entwickelt, das zeigt, wie die SängerInnen der Studie ihre Leistung bewerten. Aus den unterschiedlichen Formen der Selbstbewertungen haben sich drei Typisierungen herausgebildet, nämlich die Selbstbewertung mit Realbezug, die Selbstbewertung mit Idealbezug und die Selbstbewertung mit Defizitbezug. Des Weiteren kann konstatiert werden, dass langjährig erfolgreiche SängerInnen gezielt mentale Strategien anwenden, um die prozessuale Selbstbewertung der Determinanten und damit die eigene Leistung zu beeinflussen. Diese Ergebnisse bestätigen aktuelle Modelle der Handlungssteuerung und Leistungsmotivation (Brunstein & Heckhausen, 2018; Kuhl, 2001; Martens & Kuhl, 2013). Hiervon ausgehend muss in weitergehenden Untersuchungen erforscht werden, inwiefern die hier vorgestellten Phänomene mit motivationalen und selbstregulativen Prozessen, Attributionsstilen oder dem Konstrukt des Selbstkonzepts in Verbindung stehen.

Kritisch zu berücksichtigen ist, dass interpretationsbedingte Induktionsfehler im Umgang mit verbalen Daten und ihrer Vieldeutigkeit nicht auszuschließen sind. Die vorgelegten theoretischen Modelle und Fragestellungen bilden jedoch eine Grundlage für weitergehende Untersuchungen von sängerischer Expertise und Selbstbewertung der eigenen Leistung. Hinsichtlich der Einteilung in Idealbezug / Realbezug / Defizitbezug wäre von Interesse, ob und inwiefern SängerInnen zwischen den Bezügen wechseln, ob diese eventuellen Wechsel mit unterschiedlichen Karrierestadien zusammenhängen, ob es Korrelationen zu angewandten mentalen Strategien gibt und wie diese die künstlerische Ausdrucksfähigkeit beeinflussen. Aus gesangsmethodischer Sicht wäre zu untersuchen, inwiefern das Phänomen der Lage- und Handlungsorientierung mit den Bezügen korreliert und welche volitionalen Regulationsstrategien leistungsförderlich oder -hindernd sind. Da die mentalen Strategien der befragten SängerInnen häufig nicht bewusst gelernt wurden, sondern auf Erfahrungswissen basieren, wäre eine gezielte Befragung, die einen globalen Überblick über den Einsatz der definierten mentalen Strategien erhebt, aufschlussreich. Hierbei wäre auch eine Erhebung von SängerInnen, die in internationalen Institutionen ausgebildet wurden, von Interesse. Des Weiteren wäre zu untersuchen, ob diese Ergebnisse auch auf andere Instrumentalgruppen übertragen werden können. Zudem wäre eine erweiterte Untersuchung des Modells hinsichtlich der Fremdeinschätzung der sängerischen/ musikpraktischen Leistung erkenntnisgewinnend. Für die musikpädagogisch-praktische Tätigkeit bedarf es einer strukturierten Darstellung der für SängerInnen / MusikerInnen relevanten mentalen Strategien und weitergehender Untersuchungen über deren methodische Einsatzmöglichkeiten und Wirkungsfelder. Weitere Erkenntnisse hierüber sind für die Ausübenden und PädagogInnen von hoher Relevanz.

Ethikerklärung

Die Studie wurde unter Einhaltung aller relevanten ethischen Prinzipien und Standards der Guidelines on Publication Ethics (PsychOpen) durchgeführt. Eine Stellungnahme über eine Ethikkommission wurde nicht eingeholt.

Originalitätserklärung

Die eingereichte Arbeit wurde noch nicht veröffentlicht und nicht von einer anderen Zeitschrift begutachtet.

Die Ergebnisse wurden 2019 bei den Fachkongressen „Heidelberger Stimmsymposium“ und Jahrestagung des „Bund deutscher Gesangspädagogen“ in Vorträgen vorgestellt.

Erklärung zur Datenverfügbarkeit

Alle zur Arbeit zugehörigen Daten sind im Beitrag aufgeführt. Die Rohdaten können aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nur bei direkter Konsultation unter der angegebenen Korrespondenzadresse eingesehen werden.

Anmerkungen

i) Der Begriff der Performanz wird in dieser Arbeit synonym zu den Begriffen Performance und Leistung benutzt. Persönliche Bestleistung oder Peak Performance steht für die optimale Performanz also die bestmögliche Umsetzung des eigenen Könnens in eine (Bühnen-)Leistung.

Finanzierung

Die Autorinnen haben keine Finanzierung zu berichten.

Interessenkonflikte

Die Autorinnen erklären, dass keine konkurrierenden Interessen bestehen.

Danksagung

Die Autorinnen danken Prof. Dr. Klaus Roth (Universität Heidelberg) für die fachliche Unterstützung.

Literatur

  • Allan, D. (2016). Mental skills training for musicians. International Journal of Music and Performing Arts, 4(1), 7-20.

  • Beckmann, J. (1999). Volition und sportliches Handeln. In D. Alfermann & O. Stoll (Hrsg.), Motivation und Volition im Sport – Vom Planen zum Handeln (S. 13-26). Köln, Deutschland: bps-Verlag.

  • Bogner, A., Littig, B., & Menz, W. (2014). Interviews mit Experten: Eine praxisorientierte Einführung. Wiesbaden, Deutschland: Springer VS Verlag.

  • Brunstein, J. C., & Heckhausen, H. (2018). Leistungsmotivation. In J. Heckhausen & H. Heckhausen (Hrsg.), Motivation und Handeln (S. 164-214). Heidelberg, Deutschland: Springer Verlag.

  • Eberspächer, H. (2009). Ressource Ich: Stressmanagement in Beruf und Alltag. München, Deutschland: Carl Hanser Verlag.

  • Eberspächer, H. (2011). Gut sein, wenn’s drauf ankommt. München, Deutschland: Carl Hanser Verlag.

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Appendix

Interviewleitfragen

1. Bestleistung

  • Was verstehen Sie unter dem Begriff Bestleistung? Wie würden Sie diesen definieren?

    (falls nicht erwähnt: gilt diese Definition auch für Vorsingen/Arbeitsproben?)

  • An welchen Faktoren bemerken Sie, dass Sie Ihre Bestleistung erreicht haben?

  • Deckt sich Ihre Eigenwahrnehmung Ihrer Bestleistung mit der Fremdwahrnehmung von Kollegen/Publikum/Presse?

  • Woran merken Sie im Vorfeld einer Aufführung oder eines Vorsingens, dass Sie in der Lage sein werden, Ihre persönliche Bestleistung abzurufen?

  • Wie schaffen Sie es, Ihre Bestleistung während der Aufführung konstant zu halten?

  • Wie bereiten Sie sich im Vorfeld vor, um ihre Bestleistung abrufen zu können?

  • Welche äußeren Faktoren unterstützen Sie im Erreichen Ihrer Bestleistung?

2. Umgang mit Herausforderungen

  • Wie gehen Sie damit um, wenn Sie Ihre Leistung nicht optimal abrufen können? Welche Gefühle stellen sich ein? Was tun Sie konkret?

  • Können Sie rückblickend ermitteln, wann und warum es Ihnen nicht gelungen ist, ihre Bestleistung abzurufen?

  • Gibt es Situationen, die sich als „Angst-situationen“ etabliert haben?

  • Welches sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen für einen Sänger während einer Aufführung oder während eines Vorsingens?

3. Mentale Strategien

  • Gibt es Techniken, Strategien oder Rituale, die Sie bisher anwenden, um Ihre persönliche Bestleistung gezielt abzurufen? Welche sind dies?

  • Gibt es Techniken oder Strategien, die Sie gerne beherrschen würden, um Ihre persönliche Bestleistung gezielt abzurufen? Welche sind dies?

  • Glauben Sie, dass mentales Training Ihnen oder anderen Sängern helfen könnte?

  • Wenn ja zu welchem Zeitpunkt in der Sängerausbildung wäre dies sinnvoll?